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Historische Gasthäuser
Titisee-Neustadt/Schwärzenbach
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Anekdoten & Mehr

Ein gruseliger Mumienkopf

Das „Grundkapital“ für einen landwirtschaftlichen Betrieb sind zunächst einmal der Boden oder Acker und das Vieh. Als nächstes ist eine Behausung von Nöten, die Schutz für Mensch und Vieh sowie genügend Raum für deren (Winter)Vorräte bietet.

Wenn der Boden gut und ertragreich ist, die Wetterverhältnisse stimmen, wenn das Vieh gesund und der Bauer fleißig ist kann ein landwirtschaftlicher Betrieb blühen und seinen Betreibern einen gewissen Wohlstand sichern. Diese „wenn“ beinhalten aber genau die Risiken, die in der bäuerlichen Lebens- und Arbeitswelt seit Jahrhunderten gefürchtet werden:
Krankheit bei Mensch und Vieh,
Missernten durch Getreidekrankheiten oder Wetterextreme,
höhere Gewalt wie Blitzschlag, der binnen Minuten die Existenzgrundlage einer ganzen Großfamilie in Schutt und Asche legen kann.
Bild vergrößern Frank Benz zeigt den gruseligen Fund, der ihm aus dem Dachgebälk direkt vor die Füße fiel und einen schönen Schrecken einjagte. Seine Schilderung als VIDEOCLIP - nach unten scrollen
Bild vergrößern Dieser mumifizierte Kopf eines Rindes ist mehrere hundert Jahre alt. An der höchsten Stelle des Hauses angebracht sollte er schädliche Einflüsse fernhalten. Unterm Strich ein alter heidnischer Abwehrzauber, im Norden eher mit Pferdeköpfen praktiziert.
Bild vergrößern Einen Ochsenschädel, der ebenfalls dem Schutz vor dämonischen Kräften diente, können Sie im Heimatmuseum St. Märgen entdecken. Er stammt aus der Zeit um 1717 und war am Firstbalken des Pfändlerhanissenhofes angebracht.
Bild vergrößern Scrollen Sie nach unten, um auch noch die Sage vom Hexenmeister der Ahornhäuser zu lesen

Menschen, die Jahr und Tag mit und in der Natur arbeiten, sind seit jeher mehr mit den höheren Mächten verbunden als die „Städter“. Da ist einerseits der Respekt vor den Naturkreisläufen und vor universalen Gesetzen, die auf eine höhere Intelligenz schließen lassen.
Andererseits sorgt natürlich auch das Schutzbedürfnis vor der oben erwähnten Unbill für tiefe Gläubigkeit.

So finden sich in landwirtschaftlich geprägten Gegenden wie dem Schwarzwald bis heute viele Anhaltspunkte eines ausgeprägten kultischen Lebens. Dass dabei bis heute in erster Linie die christliche Religiosität mit den für die Landwirtschaft zuständigen Heiligen eine Rolle spielt liegt auf der Hand.
Besonders interessant wird es aber, wenn Relikte eines weit zurückliegenden archaisch-magischen Weltbildes auftauchen. So geschehen im Gasthaus Ahorn, Schwärzenbach.

Unvermittelt und ausgesprochen „gruselig“ tauchte hier ein mumifizierter Kalbskopf auf, der offensichtlich unter dem Dachfirst angebracht war. Frank Benz erzählt in einem kurzen Videoclip, wie es zur plötzlichen „Begegnung“ mit dem alten Abwehrzauber kam.

Das Anbringen von Tierköpfen am Dach beziehungsweise in Firstnähe ist ein uralter Brauch, um das Anwesen vor negativen Einflüssen zu schützen. In der magischen Sichtweise wurde dieser Schutz von den höheren Mächten durch das Opfern des Tiers erkauft, dessen Kopf dann im Gebälk angebracht wird. Der Rest des Opfertieres wurde praktischerweise selbst verzehrt.



DIE ÜBERLIEFERUNG ("Schwarzwald Sagen - siehe Bild) BERICHTET ÜBER WEITERE "MAGISCHE" UMTRIEBE:

Ein Schwarzwälder Hexenmeister - oder ...wie es zum Namen "Ahornhäuser" kam

Der Kreuzbauer hatte auswärts Geschäfte erledigt, war aber auf dem Heimweg eingekehrt und hatte sich bei Karten und Wein verspätet. Wie er sich wieder auf den Weg machte, sah er im dunklen Wald ein Licht schimmern und hörte Musik und Geschrei. Er fand da eine lustige Tanzgesellschaft.

Als der Kreuzbauer eine Weile zugeschaut hatte, trat ein alter Mann mit einem Buch zu ihm und forderte ihn auf, seinen Namen dahinein zu schreiben. Der Kreuzbauer war bereit; da er aber nicht schreiben konnte, unterzeichnete er sich mit drei Kreuzen. Da tat es plötzlich einen Krach, es wurde finster, und ein schreckliches Wetter brach los. Der Bauer eilte mit dem Buch nach Hause und kam dort halbtot an.

Das Buch aber war ein Zauberbuch, und fortan konnte der Kreuzbauer hexen. Als einst im Winter in seinem Hause Taufe war, fragte er, ob sich noch jemand etwas wünsche. Ein Mädchen wünschte sich frische Kirschen. Da ging der Bauer in seine Kammer und holte sein Zauberbuch. Wie er nun daraus las, kam ein Geist. Den fragte er „Wie geschwind bist du?“ „Wie die Kugel aus dem Rohr.“ “Dann kann ich dich nicht brauchen!“ Ein anderer Geist kam und antwortete: „Wie der Wind!“ „Verschwinde!“ rief der Bauer. Da kam der dritte Geist und gab Antwort: „So geschwind bin ich wie Menschengedanken.“ Da sprach der Bauer: „Du bist der Rechte. Sofort hole frische Kirschen!“ Da war der Geist verschwunden, und an seiner Stelle stand ein Korb mit frischen, köstlichen Kirschen, die sich die Gäste trefflich schmecken ließen.

Von nun an galt der Bauer als ein Hexenmeister, und das brachte ihm den Tod. Denn eines Tages in der Heuernte fragte ihn ein Knecht, ob er nach Neustadt gehen dürfte. Der Bauer antwortete: „Nicht bevor die große Wiese gemäht ist.“ Der Knecht meinte an der Wiese hätten sonst vier Mähder zwei Tage zu tun, aber der Bauer sagte, er solle nur ruhig mähen, doch dürfe er nicht rückwärts schauen und die Sense nicht schärfen, bis er von oben nach unten gemäht habe. Der Knecht tat das, und als er sich wieder umschaute, war die ganze Wiese gemäht.

Diese Wundergeschichte kam zu Ohren der Obrigkeit. Da ward der Bauer als Hexenmeister angeklagt und verbrannt. Vor seinem Tode aber sagte er: „Zum Zeichen, daß ich unschuldig verbrannt worden bin, soll bei meinem Hause ein großer Ahornbaum wachsen.“
So geschah es, und seit der Zeit heißen die Höfe, die nun zu Schwärzenbach bei Neustadt gehören, die Ahornhäuser.
Aus „Schwarzwald-Sagen“, Eugen Diedrichs Verlag, Neuauflage 1965 der Ausgabe von 1930
EINE WEITERE SAGE KÖNNEN SIE ALS PDF DATEI HERUNTER LADEN!
Bild vergrößern Tafel für Zukunftsdeuterei, 14. Jahrhundert – aus „Magie im Mittelalter“ von Richard Kieckhefer, dtv Wissenschaft, 1995
Bild vergrößern Magischer Kreis, aus einer Handschrift des 15. Jahrhunderts – „Magie im Mittelalter“ von Richard Kieckhefer, dtv Wissenschaft, 1995

Gasthaus Ahorn in der Literatur

Im Roman "Der Ahornwirt" (Herder, 1958) von Ludwig Winterhalder werden anschaulich die Nöte der Region während des 30jährigen Krieges geschildert. Im Mittelpunkt steht die Geschichte eines Sohnes der Ahornwirtsleute, welcher zum Militär einrücken muss, die Härten und Wirrungen des Krieges erlebt, sich später in Basel aufhält und letztlich auf den elterlichen Hof zurückkehrt.

Berühmte Uhrenmanufaktur mit Bezug zum "Ahorn"

Johann Hofmeier war ein Sohn des Ahornwirtes. Gemeinsam mit einem Verwandten aus Friedenweiler, einem "Winterhalder", gründete der Wirtesohn aus dem alten Schwarzwaldgasthaus 1872 in Neustadt die Firma "Winterhalder & Hofmeier".
Bild vergrößern Oben die Uhrenfabrik Neustadt, welche 1887, also nach Winterhalder & Hofmeier, gegründet wurde
Bild vergrößern Diese Uhr aus der Manufaktur, die zuerst nach England verkauft wurde, hängt heute im Cafe Feldbergblick, Schwärzenbach