Rolle in der Geschichte
Vom Rebhäuschen zur Buschwirtschaft
Schon im Mittelalter waren die Südhänge um Konstanz mit Reben bepflanzt. So auch am wenig besiedelten südöstlichen Ende des Bodanrücks – dem Eichhorn. Die gesamte Hornspitze gehörte zum Kloster Petershausen. Der größte Teil des Gebietes war nach der Säkularisierung in den Besitz der beiden badischen Prinzen Friedrich und Ludwig gelangt. Im Jahre 1805 erwarb der Allmannsdorfer Fischer und Rebmann Johann Georg Jakob ein zu einem bescheidenen Bauernhaus umgebautes Rebhäuschen samt der ums Haus gelegenen Weinberge. Im Jahre 1807 heiratete er Maria Margarete Messmer.
Bild vergrößern So sah das "Jakob" um 1880 aus
Bild vergrößern Waldhaus Jakob mit dem "Horn" um 1930
Bild vergrößern "Wiro"-Künstlerkarte; gelaufen + gestempelt "30. Juni 1930"; Hinweistext: "Waldhaus Jakob mit Gartenhalle und Nebenhaus. Beliebter Ausflugspunkt"
Bild vergrößern Luftbild; gelaufen + gestempelt "16.7.29"; Hinweistext: "Waldhaus Jakob, Hotel und Kurhaus, Konstanz, Inh. W. Steingässer"
Die Konstanzer fühlten sich wohl zur damaligen Zeit in ihrer immer noch von mittelalterlichen Mauern umgebenen Stadt eingeengt und gingen, so oft es möglich war, mit Familie und Freunden hinaus in die Natur. Der Wanderweg aus der Stadt zur Hornspitze und dem Eichhornwald führte am Häuschen der Familie Jakob vorbei. Immer öfter fragten Spaziergänger bei den Jakobs, ob sie nicht ein Krüglein Wein haben könnten? Die herrliche Aussicht auf den See und bei klarem Wetter auf die Berge ließe sich damit doppelt genießen. Aus diesem Grund reichte Johann Georg Jakob beim Großherzoglich Badischen Bezirksamt in Konstanz das Gesuch ein, ihm die Einrichtung einer Buschwirtschaft zu gestatten. Es brauchte jedoch mehrere Anläufe, bis er Anfang Mai 1823 das „Buschwirtschafts-Patent“ erhielt, allerdings nur für ein Jahr! Aber schon im März 1824 wurde ihm das persönliche „Wirtschaftsrecht“ auf Lebenszeit erteilt. „Hansjörg“ Jakob und seine Frau Margarete gaben sich große Mühe, um ihre Gäste zufrieden zu stellen. Es sprach sich schnell in der weiteren Umgebung herum, dass man in der Weinwirtschaft Jakob guten Wein und preiswertes Essen erhalten konnte. So wurde dieser Ort ein beliebter Treffpunkt der biedermeierlichen Gesellschaft.
Johann Georg Jakob besorgte mit seinem Sohn Josef überwiegend die Landwirtschaft, die Bewirtung der Gäste lag hauptsächlich in der Hand seiner Frau. Als diese 1834 im Alter von 48 Jahren starb, war es ein harter Schlag für die Familie und den Fortbestand der florierenden Schankwirtschaft. Unterstützt von einigen Aushilfskräften versuchten die beiden Jakobs die Gäste weiterhin zufrieden zu stellen. Damit wieder eine Frau ins Haus kam, heiratete Josef 1840 mit erst 24 Jahren die 32jährige Maria Anna Freiheit. Die Ehe war nur von kurzer Dauer, da Maria Anna 1842 bei der Entbindung des ersten Kindes starb. Die Tochter starb tragischerweise ebenfalls 20 Tage nach der Geburt.
Gleich nach dem Trauerjahr heiratete der junge Witwer erneut, die 22jährige Barbara Kreutzer aus Meßkirch. Im selben Jahr erhielt das junge Paar vom jetzt 63jährigen Johann Georg Jakob die Weinwirtschaft mit allem dazugehörigen Grund. Ab da wurde die Weinwirtschaft fast ausschließlich von den „Jungen“ betrieben. Als Jakob 1857 im Alter von 77 Jahren starb, konnte Josef Jakob das „Wirtschaftsrecht“ nicht erben, da es nur auf den Vater ausgestellt war. Er beantragte umgehend die Wirtschaftsgerechtigkeit und erhielt sie drei Monate später. Wie sein Vater, so schenkte auch Josef nur solche Weine aus, die auf eigenem Gelände gewachsen waren und die er selbst gekeltert hatte. Das „Jakob“ war beliebter Treffpunkt der Konstanzer Bürgerschaft. Aber auch größere Festlichkeiten fanden draußen beim „Jakob“ statt.
Die Jakobs hatten einen Sohn und drei Töchter, die alle kräftig mithalfen. Besonders der Sohn Rudolf, der vorgesehene Nachfolger, übernahm viel Arbeit sowohl in der Landwirtschaft als auch im Gastbetrieb. 1874 erhielt Josef Jakob die Erlaubnis, die Schankwirtschaft künftig als Gastwirtschaft betreiben zu dürfen. Da immer wieder Fremde nachfragten, ob man denn nicht auch übernachten könne, wurden im Obergeschoss des Anwesens einige Fremdenzimmer eingerichtet. Ein tragischer Schicksalsschlag traf die Familie, als Rudolf Jakob am 8. September 1876 mit seinem Segelboot in einen heftigen Sturm geriet und ertrank. Als dann auch noch Vater Jakob 1880 im Alter von 61 Jahren starb, mussten sich die Frauen alleine um Landwirtschaft, Gastbetrieb und Fremdenzimmer für zwei Dutzend Gäste kümmern. Nachdem zwei der Töchter heirateten und einen eigenen Hausstand gründeten, entschloss sich Barbara Jakob im Sommer 1888 schweren Herzens, den umfangreichen Besitz an die Konstanzer Spitalstifung zu verkaufen.
Bild vergrößern Das neuerbaute (1902) Waldhaus mit Dampfschiff,
Bild vergrößern und in der Optik um 1890.
Zerstörung und Wiederaufbau
Quelle: Delphinbuch 4 mit dem verdienstvollen, bestens recherchierten Beitrag zur Konstanzer Gastronomiegeschichte von Gernot BlechnerSchon im August 1888 schrieb die Spitalstiftung die „Wirtschaft mit Pension zum Jakob“ zur Verpachtung aus. Die nächsten Jahre wechselten öfter die Pächter.
Dann trat ein verhängnisvolles Ereignis ein: Am Abend des 26. März 1895, einem stürmischen Frühlingsabend, brach im Dachgeschoss ein Feuer aus. Vom Sturm angefacht, breitete er sich rasch aus, das Wirtschaftsgebäude wurde vollständig eingeäschert. Nur durch den Einsatz der Konstanzer Feuerwehr konnte das Ökonomiegebäude und die südlich vorgebaute Wirtschaftshalle gerettet werden. Notdürftig wurde die Wirtschaft weitergeführt.
Mit dem Brand war eines der beliebtesten Ausflugslokale praktisch über Nacht verschwunden. Allerdings bot sich hier die einmalige Chance, an dieser herrlichen Stelle am See durch eine zukunftsweisende Einrichtung einen Anziehungspunkt für den Fremdenverkehr zu schaffen. Im Frühjahr 1897 war der Neubau des Hauptgebäudes vollendet. Rechtzeitig vorher suchte die Spitalstiftung einen neuen Pächter und fand in Adolf Markstahler einen tüchtigen Gastronomen. Das für damalige Verhältnisse recht komfortabel ausgestattete Waldhaus Jakob wurde durch den unermüdlichen Fleiß des Pächterehepaars zu einem der beliebtesten Hotels im Bereich von Konstanz. Das stets gut besuchte Haus brachte dem Konstanzer Fremdenverkehr starke Impulse.
Schon bald musste die Küche erweitert werden, auch das Ökonomiegebäude wurde um einen Wagenschopf erweitert. Dort war die Kutsche untergestellt, mit der Markstahler seine Gäste in Konstanz abholte oder wieder zurück brachte. Eine Fahrt für ein bis vier Personen kostete mit dem Einspänner 1,50 Mark, mit dem Zweispänner 2 Mark. Die günstigste Vollpension im Waldhaus Jakob bekam man im Jahr 1897 für fünf Mark pro Tag.
Seine Gäste sollten aber nicht nur zu Fuß, zu Pferd oder mit der Kutsche kommen, als besondere Attraktion sollte dies auch mit dem Dampfschiff möglich sein! Die Idee stammte vom badischen Großherzog Friedrich I., daher stand der Verwirklichung nichts im Wege. Am 11. Juli 1902 wurde der Landesteg vom Konstanzer Oberbürgermeister Weber mit Pomp und Feuerwerk eingeweiht. Noch im Herbst legte man im Uferbereich östlich des Stegs auch noch einen Gondelhafen an. Während der Saison legten täglich sechs- bis achtmal Dampfschiffe am Jakobsteg an.
Die vorbildlich geführte Pension, besonders aber das vorzügliche Restaurant lockten so viele Gäste an, dass ein einstöckiger Speisesaal zur Seeseite an das Hauptgebäude angebaut werden musste. Die östlich daran anschließende Terrasse wurde zu einer Glasveranda ausgebaut.
Adolf Markstahler hatte in unmittelbarer Nähe seines Hotels nicht nur einen Schiffslandesteg und Gondelhafen, sondern auch eine moderne Seebadeanstalt. Der See war zu dieser Zeit noch sauber, denn das Wasser, das im Waldhaus Jakob benötigt wurde, konnte noch ungereinigt dem Bodensee entnommen werden und wurde mittels einer Pumpe nach oben ins Hotel gedrückt.
Wegen des gestiegenen Platzbedarfs wurde noch 1914 westlich an den zum See errichteten großen Speisesaal einer kleiner angebaut. Die östlich stehende Wirtschaftshalle wurde im gleichen Jahr vergrößert, verglast und neu eingerichtet. Anfang der 50er Jahre wurde sie abgebrochen.
Auf eigene Kosten legte Markstahler einen Tennisplatz an, auf dem noch bis in die 50er Jahre gespielt wurde. Markstahler hatte sein Haus durch Weitblick und Ideenreichtum zu einem der bekanntesten Häuser am See gemacht. Vor dem ersten Weltkrieg erlebte das Waldhaus Jakob die glanzvollsten Tage seiner Geschichte.
Bild vergrößern Holzzierrat am Südgiebel des ehemaligen
Bild vergrößern Ökonomiegebäudes in der Ansicht 2014
Bild vergrößern Sehenswert: die Panoramakarte von 1905 - aufgenommen
Bild vergrößern durch "Herm. Wölfl. Lith. Anst. Konstanz"
Zerstörung und Wiederaufbau... (Fortsetzung)
Widrige Umstände setzten den Festlichkeiten im Waldhaus ein jähes Ende. Nach Kriegsausbruch 1914 kamen kaum noch Gäste. Da die Fremdenzimmer nur selten belegt waren, wurde das Waldhaus als Lazarett zur Unterbringung von Leichtkranken benutzt. Das Restaurant führte Adolf Markstahler in bescheidenem Umfang weiter. Lebensmittelknappheit und seine schlechte Gesundheit ließen ihn das Restaurant ab 1917 nur noch im Sommer öffnen, er zog sich 1920 ins Privatleben zurück und starb 1922.Die Pächter wechselten in unregelmäßigen Abständen, und während der Rezession betrug der Pachtzins kurzzeitig einmal 1 574 400 000 Mark, etwas später 12,5 Milliarden Mark – und zwar für einen Zeitraum von nur vierzehn Tagen!
Während des zweiten Weltkrieges wurde es als „Kriegsheim“ schwangeren Frauen zur Verfügung gestellt und 1945 – 1948 kurzzeitig von französischen Truppen beschlagnahmt. 1949 eröffnete der Pächter Ernst Sigel nach umfangreichen Renovierungen das Waldhaus Jakob wieder. Während der Sommermonate war das Restaurant gut besucht. Die Übernachtungszahlen stiegen, aber im Winterhalbjahr blieben die Betten meist leer und auch das Restaurant hatte nur wenige Gäste. Um auch in dieser Zeit etwas Gewinn zu machen, wurden ab 1953 vom 1. Oktober bis Ende März die angehenden Gaststätten-Gehilfinnen und Köchinnen der Landesberufsschule im Waldhaus Jakob untergebracht und ausgebildet.
Anfang der sechziger Jahre löste Fritz Stark, der damalige Wirt des Gasthauses „zum Elefanten“, Ernst Siegel als Pächter ab, und während der siebziger und achtziger Jahre war das Waldhaus Jakob unter den Pferde begeisterten Jugendlichen in Konstanz weniger als Gaststätte, sondern als Reithof „Waldi“ bekannt. 1987, nach knapp 20 Jahren Pächterengagement im Waldhaus Jakob, zog sich die Familie Stark zurück. Für die Spitalstiftung war das Waldhaus ein unrentables Objekt, und sie hatte kein Geld, um das inzwischen stark sanierungsbedürftige Gebäude zu renovieren.
Man suchte einen Investor, der das Anwesen in Erbpacht übernehmen könnte und einigte sich auf die Friedrich-Naumann-Stiftung, die ein Bodensee-Schulungszentrum errichten wollte. 1987 wurde das Gebäude unter Denkmalschutz gestellt, so dass ein Neubau nicht in Frage kam. Die Umbauarbeiten begannen 1988, und das Gebäude erhielt ein komplett neues Innenleben, die Gästezimmer wurden mit Dusche und WC ausgestattet. Das Nebengebäude wurde unter Erhalt des mit altem Holzzierat versehenen Südgiebels zum größten Teil neu aufgebaut. Dieses ehemalige Ökonomiegebäude erhielt ebenfalls Gästezimmer mit Dusche und WC sowie eine Ferienwohnung. Im November 1989 wurde das Bildungszentrum eingeweiht. Sowohl für die Friedrich-Naumann-Stiftung als auch für die Konstanzer Spitalstiftung war diese Lösung ein Glücksfall. Die Friedrich-Naumann-Stiftung schließlich verkaufte das Waldhaus Jakob an die Radolfzeller Getränkehandlung Kountz Gmbh.
Im Jahre 2006 schlug dann die Stunde von Thomas Schirarend. Er konnte das gesamte Haus pachten. Als engagierter Hotelier und Betriebswirt setzt er alles daran, das Erbe der Familien Jakob und Markstahler erfolgreich fortzuführen. Ihm folgte 2017 Katarina Sleczkowski als Geschäftsführerin. Das Restaurant blieb weiterhin an Thommy Müller unterverpachtet.
Da das Waldhaus Jakob unter Denkmalschutz steht, wurde bei allen Renovierungsarbeiten äußerlich nichts an den Gebäuden verändert. Größere Veränderungen allerdings finden sich im Inneren des Hauses: so wurden beispielsweise alle nicht unterkellerten Gebäudeteile nachträglich mit einem Keller versehen und auch die Dienstbotenzimmer des obersten Stockwerks in Gästezimmer umgewandelt. Sehenswert sind insbesondere der Speisesaal mit seiner seeseitigen Fensterfront, die sorgfältig hergerichteten alten Stiche, die Bogenfenster und die alten Bäume des Biergartens. Die hier gepflanzten Kastanien und Linden würden, wenn sie könnten, allerhand Geschichten erzählen, stehen sie mittlerweile doch schon über hundert Jahre hier.